Wie stressig ist das Studium wirklich?

 

Jost, 21 Jahre alt, ist im dritten Semester seines Medizinstudiums. abgehn! hat ihn in einem Interview mal näher ausgefragt, wie das Studium so abläuft und was die Anforderungen sind.


Schön, dass es geklappt hat, Jost. Zuerst natürlich die Frage: Wie kam es dazu, dass du den Entschluss gefasst hast Medizin zu studieren?

Ich wollte eigentlich immer Chemie studieren, dann hatte ich eine Weile über Theologie nachgedacht, jetzt studiere ich Medizin. Guter Mix aus beidem (lacht). Im Medizinstudium kann ich meinen naturwissenschaftlichen Interessen nachgehen und werde in der Zukunft mit Menschen arbeiten. Auch auf die Gefahr hin, dass die Praxis im späteren Beruf vielleicht anders aussieht, wie man es sich vorstellt. Ein FSJ hat mir aber die Gewissheit gegeben, dass es mir gefallen wird.

Die Uni empfiehlt auf ihren Infoseiten gewisse charakterliche Eigenschaften, die sinnvoll sind um dieses Studium zu meistern. Welche würdest du als sinnvoll bezeichnen und welche deiner Eigenschaften haben dir schon geholfen?

Als sehr sinnvolle Charaktereigenschaft stelle ich mir Sozialkompetenz im späteren Beruf vor, allerdings bringt diese im Studium selbst eher nichts. Analytisches, mathematisches und naturwissenschaftliches Denkvermögen sind sehr hilfreich. Auch Durchhaltevermögen und Auswendiglernen sind wichtige Eigenschaften, die ein Medizinstudent mitbringen sollte. Ich dachte eigentlich immer, dass ich nicht gut auswendig lernen kann. Mit ein wenig Selbstdisziplin klappt das aber schon. Meistens bin ich sehr glücklich, nachdem ich etwas Neues gelernt habe.

Wie lange geht das Studium insgesamt, welche Themenetappen kommen auf einen Medizinstudenten zu und ab wann muss man sich für eine Fachrichtung entscheiden?

Das Studium geht insgesamt etwa 6,5 Jahre. Die vorgegebenen Pflichtpraktika kann man währenddessen machen. Viele machen es vor dem Studium, was ich auch empfehlen kann. Das Studium ist in zwei große Bereiche gegliedert. Einmal die „Vorklinik“, das ist das Grundlagenstudium. Hier werden die Grundlagen wie Physiologie, Anatomie, Histologie und Biochemie gelehrt. In den darauffolgenden vier Jahren kommen Krankheiten und Therapien dran. Diese Studienzeit wird „Klinik“ genannt. Nach dem Studium folgt dann die Ausbildung als Facharzt. Erst hier muss man sich für eine Fachrichtung entscheiden. Natürlich ist es sinnvoll sich früher zu entscheiden, um entsprechend die Praktika zu wählen, allerdings würde ich empfehlen sich nicht zu früh festzulegen. Das Studium hat so viel zu bieten, dass man erst durch die Jahre weiß, was einem liegt.

 Wie stressig ist das Studium wirklich? Laut UMM sollte man 25-30 Stunden pro Woche an Pflichtvorlesungen einplanen, zudem hört man auch, dass es die studienfreie Zeit oft nicht wirklich gibt, weil man in dieser Zeit oft die Pflichtpraktika umsetzt.

Das stimmt, studienfreie Zeit existiert praktisch nicht. An meiner Uni ist das zum Glück ganz gut geregelt, da haben wir immer Prüfungen im Semester und nicht in den Semesterferien, was aber auch vorkommen kann. Vor meinem Studium habe ich ein einmonatiges Praktikum absolviert, dadurch habe ich jetzt mehr Zeit im Studium. Im ersten Jahr hatte ich 15 Wochen frei, davon habe ich acht Wochen Pflichtpraktikum gemacht. Also hatte ich effektiv 7 Wochen frei. Sagen wir so: Es ist mein Hauptjob, aber es mangelt mir nicht an Freizeit. Für ausgefallene Hobbys ist allerdings keine Zeit.

Thema Party. Mediziner haben den Ruf viel zu feiern – stimmt das? Und ist es überhaupt möglich, wenn man viel lernen muss?

Die Frage ist berechtigt. Mein Problem: Ich geh nicht so gerne auf Partys (lacht). Ich habe Kommilitonen, die gerne und viel feiern. Ich sitze lieber mit Freunden zusammen, koche etwas und lege den Fokus auf gesellschaftliche Runden.

Kann man im Studium nebenbei noch auf irgendeine Weise beruflich tätig sein, Thema Nebenjob? Oder sollte man eher froh sein, wenn die Eltern einen unterstützen können?

Ich werde unterstützt und bin sehr froh darum, da ich so den Fokus auf das Studium haben kann. Meine Kommilitonen müssen teilweise nebenbei arbeiten. Diejenigen aus Nicht-EU Ländern müssen in Baden-Württemberg sogar noch Studiengebühren zahlen. Sie lernen unsere Sprache, arbeiten und studieren. Davor habe ich großen Respekt.

Wie sieht es aus, wenn du lernst? Auf welchem Weg lernst du am besten?

In meinen Pausen höre ich viel Musik zum Abschalten und zum Lernen habe ich die Kopfhörer auch manchmal auf. Teilweise werden Vorlesungen aufgezeichnet, die höre und sehe ich mir dann im Nachhinein an. Auch lerne ich viel über Websites, meine Uni zahlt uns das – daher habe ich auch keine Bücher, wie man es vielleicht vermutet. Manche benutzen sie dennoch, da sie einfach lieber mit Büchern lernen.  Meine große Hoffnung ist, dass in circa 5 Jahren viel mehr mit Sprachsteuerung möglich ist. Ich würde mir wünschen, dass auch die gesamte Bürokratie in der Klinik künftig digital verwaltet wird. Die Logistik in Krankenhäusern ist oft sehr langsam.

Bis du mit deinem Studium fertig bist, ist es vielleicht soweit! Danke für das Interview, Jost! //vd