Chiara Waldenberger ist Personalreferentin und Ausbilderin bei der Mediengruppe Dr. Haas. Das Sichten von Bewerbungen gehört zu ihren täglichen Aufgaben. Im Interview verrät sie aus erster Hand, worauf es beim Bewerbungsprozess ankommt, welche Tücken es gibt und wie man aus der Masse von vielen Bewerbungen hervorstechen kann.

 

Erstmal: Wie wird man überhaupt Personaler/in?

Grundlage für einen Job im Personalwesen ist eine betriebswirtschaftliche Ausbildung oder ein entsprechendes Studium. Im Idealfall wurde die Weiterbildung zum/r Personalfachmann/frau absolviert oder im Studium eine Vertiefung im Personalbereich belegt. Viel wichtiger als die Ausbildung sind aber einige Soft-Skills, die ein Personaler mitbringen sollte. Das sind zum Beispiel Empathie, diplomatisches Geschick, Sorgfältigkeit und unternehmerisches Denken.

Welche Tätigkeiten umfasst der Beruf?

Als Personalerin bin ich mit vielen administrativen Tätigkeiten beschäftigt, wie beispielsweise der Erstellung von Arbeitsverträgen und Zeugnissen oder der Entgeltabrechnung. Darüber hinaus gibt es aber auch viele spannende Themen, wie die Organisation von Weiterbildungsseminaren und Messen, das Sichten von Bewerbungen, das Führen von Vorstellungsgesprächen, die Unterstützung der Fachbereiche bei organisatorischen Veränderungen oder die Erstellung der Personalkostenplanung.

Was gefällt dir an deinem Beruf am meisten?

Mir gefällt am besten, dass ich viel mit Menschen zu tun habe. Mir ist es wichtig, dass die Führungskräfte und Mitarbeiter, die ich betreue, wissen, dass sie jederzeit zu mir kommen können, wenn sie bezüglich ihres Arbeitsplatzes Fragen haben und dass sie darauf vertrauen können, dass ich sie unterstütze. Außerdem ist der Beruf sehr abwechslungsreich und ich lerne jeden Tag etwas Neues dazu.

Thema Bewerbung: Was macht eine gute Bewerbung aus? Wie kann man aus der Masse hervorstechen?

Nehmen wir an, alle Formalitäten sind erfüllt, also Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnisse sind vollständig. Dann können sich Bewerber durch eine persönliche Ansprache und ein unternehmens- und stellenbezogenes Anschreiben hervorheben. Es schadet außerdem nicht, wenn die Unterlagen eine persönliche Note haben, also wenn diese neben einem professionellen Foto auch in einem schönen Layout gestaltet sind. In allen gängigen Textprogrammen kann man heutzutage verschiedene Farben nutzen.

Was ist ein K.O.-Kriterium?

Immer wieder erhalte ich Bewerbungen, bei denen direkt erkennbar ist, dass das Anschreiben 1:1 kopiert wurde. In einer Bewerbung für den Mittelstand sollte der Bewerber nicht schreiben, dass er sich auf die Arbeit in einem internationalen Großkonzern freut. Selbstgemachte Fotos vor dem Spiegel sollten besser in Snapchat bleiben und nicht an die Bewerbung angehängt werden.

Welche Fehler sind die häufigsten?

Sehr oft ist in Bewerbungen der falsche Ansprechpartner, das falsche Unternehmen oder die falsche Stelle genannt. Auch Rechtschreib- und Grammatikfehler sind sehr häufig. Das ist umso ärgerlicher, da sie sich doch recht leicht vermeiden lassen. Bevor eine Bewerbung abgeschickt wird, sollte der Bewerber noch eine zweite Person mit einbinden, die alles kritisch überprüft.

Wie wichtig sind gute Schulnoten?

Das kommt ganz auf die Ausbildung an. Bei lernintensiven Ausbildungen schaue ich eher auf die Noten als bei Ausbildungen, die beispielsweise Kreativität erfordern.

Wie wichtig ist ein  lückenloser bzw. gerader Lebenslauf?

Wichtig ist nur, dass Lücken und Richtungsänderungen im Anschreiben erklärt werden. Im besten Fall kannst du unpassende Stationen im Lebenslauf positiv für die Stelle auslegen, auf die du dich bewirbst. Das braucht vielleicht ein bisschen Kreativität, aber man lernt doch in jedem Schritt dazu. Nehmen wir folgendes Beispiel: Du hast die Schule abgebrochen, weil du Influencer werden wolltest und das hat aus welchen Gründen auch immer nicht funktioniert. Dann weißt du jetzt, wie du mit Fehlern umgehst, dass du eine eigenständige Arbeitsweise hast und grundsätzlich sind doch Kenntnisse im Bereich Social Media in vielen Berufen heutzutage von enormer Bedeutung.

Thema Bewerbungsgespräch: Worauf legst du bei einem Bewerbungsgespräch denn besonders viel wert?

Wenn du zum Bewerbungsgespräch eingeladen wurdest, dann passen die „formalen Voraussetzungen“ wie Schulabschluss und Berufserfahrung. Im Gespräch geht es für mich als Personalerin hauptsächlich darum, zu erfahren, was für ein Typ Mensch du bist. Ich möchte herausbekommen, was deine Motivation für die Stelle ist und ob du zu unserem Unternehmen passt. Daher ist es wichtig, dass der Bewerber ehrlich und authentisch ist. Es hilft keinem sich zu verstellen und dann erst bei Antritt des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses zu merken, dass man persönlich nicht in das Team und das Unternehmen passt.

Was ist hier ein absolutes No-Go?

Ein Bewerbungsgespräch bleibt mir immer negativ im Kopf, wenn ich dem Bewerber alles aus der Nase ziehen muss. Natürlich ist man aufgeregt und deswegen ein wenig zurückhaltender – das ist auch absolut in Ordnung, aber ausschließlich einsilbige Antworten sollten nicht auf jede Frage folgen. Somit kann ich mir keinen Eindruck verschaffen und werde absagen müssen.

Was war das kurioseste, erinnernswerteste, verrückteste oder überraschendste Bewerbungsgespräch, das du jemals hattest?

Vor zwei Jahren hatte ich ein Vorstellungsgespräch für ein Redaktionsvolontariat mit einem studierten Philosophen. Leider kann ich nicht besonders viel darüber erzählen, denn ich habe kaum etwas von dem verstanden, worüber er gesprochen hat. Er war super kompliziert in seiner Ausdrucksweise, hat in jedem zweiten Satz wichtige Menschen wortwörtlich zitiert und auf keine Frage kurz und knapp antworten können, sondern über Gott und die Welt philosophiert. Für den Lokaljournalismus war er mit diesen Eigenschaften leider nicht geeignet.

Danke für das Interview, Chiara! //nn